Geschichte von Europa
Die Vorgeschichte zu der großen Skulptur, die am Stadtmittelpunkt steht
CASTROP-RAUXEL. Samstag, 1. September 2001 | Quelle: Ruhr Nachrichten (Castrop-Rauxel)
Wie überall im Leben geht es auch in der Kunst manchmal etwas schneller und manchmal etwas langsamer voran, bis etwas Dauerhaftes entsteht. So kann es nur ein paar Tage dauern, aber auch Jahrzehnte, bis Kunst einen Standort gefunden hat. Zwei Extrembeispiele stehen in Castrop: "Europa" von Wolfgang Schlieker und die "Bergmannsgruppe" im oberen Ratsaalfoyer.
Ganz schnell ging es für Wolfgang Schlieker. Nur wenige Tage und Nächte hatte der gelernte Florist, nachdem er zufällig von einem Wettbewerb der "Stiftung Sparkasse" gehört hatte. Die wollte im Jahr 2000 zum Thema Europa eine Skulptur vor dem Rathaus an der Bahnhofstraße platzieren. Seinem relativ schnell erstellten Modell sah man die Zeitnot gar nicht an, zu durchdacht sind Werk und die dahintersteckende Philosophie. Stahl und Stein kombiniert, aufstrebend aus der Erde, und deshalb ohne Sockel.
Mühelos halten die Stahlplatten, die durch ihre Drehung mal schmal, mal breit wirken, den Granit, der in luftiger Höhe scheinbar schwebt. Die Materialien sind es, die Schliekers Kunst ausmachen. Aus Stahl und Stein bestehen fast alle seine Werke, die Interessierte übrigens in seiner Gärtnerei an der Holzstraße zwischen grünen Pflanzen besichtigen können. Gefühle in Stein, will er zeigen, die Leichtigkeit dieses Materials zum Vorschein bringen.
"Die Welt ist aus Stein", erklärt er. Stahl sei dazu das passende Gegenteil: "Was die Menschen dann gemacht haben, ist Stahl." Die Drehung und die Biegung des Stahls, der seine komplexe Verwindung durch die engagierte Mitarbeit der Henrichenburger Firma Hansa bekommen hat, soll auf einen Prozess hindeuten, auf Bewegung und auf Wandlung - ganz so wie im heutigen Europa.
Eine jahrelange Odyssee hat die "Bergmannsgruppe" von Professor Nikolaus Ikaris hinter sich. Seit 1982 steht sie an ihrem jetzigen Standort, dem oberen Ratsaalfoyer am Stadtmittelpunkt. Angeboten wurde sie der Stadt aber schon 1961 von der Dortmunder Bergbau AG, die die Bronzestatue erstanden hatte. Damals stand das Werk des in New York lebenden Griechen Professor Ikaris provisorisch vor dem Schacht Gustav in Dortmund Mengede. Dann sollte sie 1962 eigentlich im Eingangsbereich der Zeche Erin platziert werden, landete aber jedoch am Münsterplatz. Der Schrankenwärter am nahen Bahnübergang konnte so immer ein Auge auf die grazile Figur halten. Dann passierte aber etwas unvorhergesehenes. Der Frost hatte im kalten November den Sockel gesprengt. Anstatt die Figur wieder aufzurichten wurde sie eingelagert.
Im Jahr 1972 beschloss der Kulturausschuss, die Figur am neu-entstehenden Stadtmittelpunkt aufzustellen. Doch das geschah nicht sofort. Der Eisenkern wurde vom Rost angegriffen, so dass Jan Bormann zur Sanierung schreiten musste, was sich wiederum verzögerte. Erst 1982 standen die drei Bergmänner auf drei Übereinandergelegten Ebenen wieder in der Öffentlichkeit.